Matthias hat geschrieben:Satz: Materielle Gegenstände existieren unabhängig von unserem Bewusstsein.
Beweis: Wenn ich den Baum vor meinem Fenster eine Stunde lang nicht anschaue und dann wieder hinsehe, ist er immer noch da. Folglich hat er in dieser Stunde unabhängig von meinem Bewusstsein weiterexistiert.
w. z. b. w (was zu beweisen war)
Burkart hat geschrieben:Und wenn er nun zwischendurch eben doch nicht da war?
Matthias hat geschrieben:Burkart hat geschrieben:Und wenn er nun zwischendurch eben doch nicht da war?
Das habe ich auch gerade überlegt. Aber wieso sollte er an die genau gleiche Stelle zurückgekommen sein?
nauplios hat geschrieben:Dazu müßte ich gleichzeitig hinschauen und wegschauen. Die Lösung: der Beobachter. Der Beobachter kann mich beim Beobachten beobachten. Er kann sehen, daß ich nicht sehe, was ich nicht sehe, wobei er nicht sehen kann, daß er nicht sehen kann, was er nicht sehen kann. Das könnte nur ein Beobachter, der den Beobachter beim Beobachten beobachtet usw. Das heißt aber dann, daß man die Theorie von Einheit auf Differenz umstellen muß. Für die Ontologie ist die Einheit Sein. Und damit läuft man in die erkenntnistheoretischen Schwierigkeiten, daß sich nicht klären läßt, ob es den Baum trotz Beobachter gibt oder wegen des Beobachters. Denn auch der Beobachter gehört zum Sein. Er kommt also auf beiden Seiten vor, auf der Seite des Beobachteten und auf der Seite des Beobachtenden.
Matthias hat geschrieben:
Eine Frage ist, ob es den Baum vor meinem Fenster als ageschlossene Einheit gibt. Darauf müsste man sich zuerst einigen. Die andere Variante wäre, dass es den Baum als Einheit gar nicht geben kann, weil er auf wunderbare Weise noch mit irgendwelchen schwarzen Löchern im Universum verknüpft ist oder sonst wie von anderen Dingen abhängt. Ich denke, dann würde aber alles von allem abhängen und ein Einzelnes könnte gar nicht existieren.
Sagen wir, es gibt den Baum vor meinem Fenster, weil wir uns darauf geeinigt haben. Dann kommt das mit dem Beobachter. Meinst du es so, Nauplios, dass ein Dritter dabei sein müsste, der mich und den Baum beobachtet? Der würde dann die Stunde, wo ich nicht hinschaue, den Baum und mich weiter beobachten und könnte mir bestätigen, dass der Baum immer da war, als ich weg war? So in etwa? Da würde ich das Problem sehen, dass ich die Situation dann nicht alleine beurteilen könnte, sondern quasi Hilfe bräuchte. Die Frage ist, ob diese Hilfe dann irgendwelche anderen Möglichkeiten hat als ich.
Und schliesslich. Ich glaube das Problem ist nicht, ob es den Baum trotz oder wegen mir gibt, sonder wichtig wäre, ob es ihn unabhängig von mir gibt.
nauplios hat geschrieben:Sie setzt nicht die Einheit eines Seins voraus, sondern die Differenz von System und Umwelt.
Matthias hat geschrieben:nauplios hat geschrieben:Sie setzt nicht die Einheit eines Seins voraus, sondern die Differenz von System und Umwelt.
Da muss ich leider passen. Ich kenne die Systemtheorie zu wenig oder gar nicht.
Aber vielleicht kann man einige Anhaltspunkte bestimmen, wenn man eine Erkenntnis hat. Ich denke, einen materiellen Gegenstand können wir nicht genau so wahrnehmen, wie er ist. Wir können ihn nur so wahrnehmen, wie er uns erscheint. Dieses Problem kann auch eine andere Theorie nicht beseitigen, glaube ich. Oder wie löst die Systemtheorie das Problem, wie wir etwas wahrnehmen und wie es tatsächlich ist? Oder seht ihr hier gar kein Problem? Stehe ich da alleine im Raum?
nauplios hat geschrieben:Man kann ihn nicht verstehen, wenn man die Grundkonzeption der Luhmann ´schen Sytemtheorie nicht kennt. Es ist natürlich auch so, daß man damit ein Problem „verliert“, was manchem ans Herz gewachsen ist. Ist die Leberwurst auch dann im Kühlschrank, wenn die Kühlschranktür geschlossen ist?
Matthias hat geschrieben:nauplios hat geschrieben:Man kann ihn nicht verstehen, wenn man die Grundkonzeption der Luhmann ´schen Sytemtheorie nicht kennt. Es ist natürlich auch so, daß man damit ein Problem „verliert“, was manchem ans Herz gewachsen ist. Ist die Leberwurst auch dann im Kühlschrank, wenn die Kühlschranktür geschlossen ist?
Ich weiss nicht, ob ich dazu kommen werde, die Systemtheorie von Luhmann zu lesen. Aber wie ist es, wenn man argumentiert, dass verünftigerweise die Leberwurst noch im Kühlschrank ist? Wird dieser Standpunkt in der Systemtheorie berücksichtigt?
Mir vernünftigerweise meine ich in diesem Fall, aufgrund von Erfahrungswerten. Ich habe in meinem Leben tausendmal ein Kühlschrank geöffnet. Darf ich dann nicht vernünftigerweise annehmen, dass die Leberwurst noch im Kühlschrank ist? Also einmal ganz unabhängig davon wie und warum sie existiert?
Matthias hat geschrieben:
„Die Erkenntnis durch Beschreibung ist deshalb so wichtig, weil sie uns in die Lage versetzt, die Grenzen unserer persönlichen Erfahrung zu überschreiten." (Bertrand Russell)
"Wir können zwar nur solche Wahrheiten erkennen, mit deren Bestandteilen uns unsere Erfahrung bekanntgemacht hat, kennen aber durch Beschreibung Dinge, die selbst noch nie in unserer Erfahrung vorgekommen sind. Angesichts der sehr engen Grenzen, die unserem unmittelbaren Erleben gesetzt sind, ist das ein äusserst wichtiges Ergebnis..."
Matthias hat geschrieben:Aus Wikipedia:
Das Wort „Phänomen“ beschreibt schon im Altgriechischen eine Erscheinung (siehe hierzu die Etymologie von Phänomen), womit ein mit den Sinnen wahrnehmbares einzelnes Ereignis gemeint ist.
Ich finde den Begriff Phänomen sehr interessant. Mich dünkt, er hat etwas Verbindendes zwischen Rationalismus und Empirismus. Ein Phänomen ist weder rein geistig noch rein materiell, es ist eben ein Phänomen, ein Naturerlebnis?
Ja, Nauplios, das sehe ich auch so. Was mich ein wenig stört ist, dass man dann private Erlebnisse und öffentliche streng trennen muss. Mit privat meine ich eigene Erfahrung, mit öffentlich meine ich solche Erfahrung, die uns von anderen Menschen mitgeteilt wird. Gibt es da nicht noch ein Zwischending? So ein Gemisch von privater mit öffentlicher Erfahrung?
nauplios hat geschrieben:Das Bewußtsein ist zwar immer nur ein je individuelles, aber andererseits lassen sich seine allgemeinen Grundstrukturen (also solche, die erfahrungsgemäß für jedes Bewußtsein gelten) dennoch beschreiben.
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